Freitag, 26. September 2008

Warum es immernoch keinen Frieden in Nahost gibt

Für viele hier bei uns ist es ein absolutes Rätsel, wieso es auch nach 60 Jahren noch immer nicht gelungen ist, eine Lösung für den Nahostkonflikt zu finden. Auch ich gehöre zu denen, die das einfach nicht verstehen können. Gestern Abend fand ich jedoch wieder ein anschauliches Beispiel dafür, warum unter den jetzigen Voraussetzungen ein Kompromiss, und damit ein dauerhafter Friede, schlichtweg unmöglich ist.

Ich stieß durch Zufall auf einen Artikel der israelischen Zeitung YnetNews, in dem über ein Treffen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad mit einer Delegation ultra-orthodoxer Juden der Gruppe Neturei Karta am Rande der UN-Vollversammlung berichtet wird. Allein die Tatsache, dass ein solches Treffen überhaupt stattfindet ist ja schon erstaunlich genug, aber es geht noch weiter. Nach dem Gespräch ist die jüdische Delegation unter Rabbi Weiss voll des Lobes für Ahmadinejad:

„Wir wissen, dass er kein Feind der Juden ist, er hat eine jüdische Gemeinschaft in seinem eigenen Land, die er ehrt, verteidigt und unterstützt.“

[...]

„Ahmadinejad versteht, wie wir, den Unterschied zwischen Judaismus und Zionismus“, behauptete Rabbi Weiss, der betonte, dass der iranische Präsident nicht nach Wegen, Israel zu bombardieren, sucht.

„Genau das Gegenteil ist der Fall; er will Frieden und nicht die jüdische Nation zerstören, das hat er uns erklärt. Er ist gegen die Schwierigkeiten die durch den zionistischen Staat gegenüber den Palästinensern erzeugt werden“, sagte er.

Soweit ein Auszug aus dem Originalartikel. Dabei wird natürlich eines deutlich: Diese ultra-orthodoxe Gruppe ist selbst anti-zionistisch und beruft sich hierbei auf eine strikte Auslegung der Thora, der zufolge es den Juden verboten ist, einen Staat auf dem jetzigen Gebiet Israels zu gründen, bis der Messias wiederkehrt.

Das ist freilich eine reine Glaubensfrage, aufgrund derer die Forderung nach einer Auflösung des Staates Israel unhaltbar ist, realpoltisch seht sie sowieso nicht zur Debatte . Aber allein der Umstand, dass hier ein Dialog stattfindet zwischen Juden und einem islamischen Präsidenten, zeigt, welche Möglichkeiten es gäbe, wenn man nur mit einander spräche und sich gegenseitig zuhörte.

Diese Hoffnungen werden allerdings ganz schnell vernichtet, wenn etwas weiter nach unten scrollt und anfängt, die Kommentare zu lesen. Diese strotzen nur so vor Intoleranz, Verbohrtheit und Fanatismus und sind die bestmögliche Darstellung der Gründe, warum auch nach 60 Jahren immernoch unschuldige Menschen sterben müssen. Anstatt sie zusammenzufassen übersetze ich euch einfach ein paar Beispiele:

Eric aus Tel Aviv: „Hier sind zwei Leute, die das Ende Israels planen. Sie sollten beide eingesperrt, der Schlüssel sollte zerstört, nicht nur versteckt, und die Türe verschweißt werden. Sie sind zu gefährlich als dass man ihnen erlauben könnte, frei herumzulaufen.“

Moshe aus Givataim: „Hat jemand diese „geistlichen Führer“ einer Gehirnwäsche unterzogen? Ich kann nicht glauben, dass sie diesen Müll wirklich glauben…Es ist wirklich unglaublich…Diesen Ahmadinejad als Mann zu bezeichnen, der Frieden will, ahh ja, er ist NUR ein Anti-Zionist. Leute, wacht auf und fangt an euch umzusehen, öffnet eure Augen und realisiert, dass ihr in unserem Land lebt. Wenn ihr Teil von uns seien wollt, dann verhaltet euch so. Er will uns töten und ihr steht neben uns und sagt „Nun, er ist ein Mann, der Frieden will.“ Seht die Realität oder verschwindet.“

NYC Girl: „Eric Nr. 1: Obwohl ich mit deinen Gefühlen sympathisiere, denke ich dass sie mit einer Exkommunikation zu gut davon kämen. Jeder einzelne dieser Fanatiker, der in Israel lebt und sich mit Ahmadinejad trifft, sollte wegen Hochverrats angeklagt werden. Es ist Zeit, die Samthandschuhe abzulegen wenn es um die Behandlung von Naturei Karta und anderen ultra-religiösen Extremisten geht, weil diese den Feinden Israels schon viel zu lange einen PR-Sieg ermöglichen“

Soweit drei Kommentare, es gibt noch 33 andere, die unisono das gleiche zum Ausdruck bringen. Aber das ist ja auch alles ganz logisch: klagt alle an, die mit den „Feinden“ sprechen wollen, dafür haben wir doch Mittelstreckenraketen und Kampflugzeuge. Auf dieser Basis lässt sich wahrlich aufbauen.