Wie bringen es die beiden Kandidaten für US-Präsidentschaftswahl fertig, so wenige Fehler zu machen, wo sie doch quasi rund um die Uhr im Fokus der Öffentlichkeit stehen? Dass ihre Berater daran einen gewissen Anteil haben ist landläufig bekannt, aber welche eine Armee das im Falle Barack Obama tatsächlich ist, wird jetzt anhand dieses Artikels von Elisabeth Bumiller in der New York Times deutlich.
Eine Truppe von 300 berät Obama bei der Außenpolitik
Washington – Jeden Morgen gegen 8 Uhr, außenpolitische Berater im Chicagoer Wahlkampfbüro von Santor Barack Obama schicken ihm zwei E-Mails: eine Kurzinformation über die wichtigsten Entwicklungen der Welt in den letzten 24 Stunden, und eine Zusammenstellung von Fragen über internationale Beziehungen, wie sie dem Kandidat im Laufe des Tages wahrscheinlich gestellt werden, begleitet von Vorschlägen für dazu passende Antworten.
Ein aktuelles Beispiel für Frage und Antwort ist, ob Herr Obama die Entscheidung des irakischen Premier Ministers, Nuri Kamal al-Maliki, einen Zeitplan für den Abzug der amerikanischen Truppen mit jedweder Art von neuem Sicherheitsabkommen mit den USA zu verbinden, unterstützt. Die Antwort, die Obama in Stichpunkten gegeben wurde war ja – oder „eine echte Gelegenheit“, wie er in einer Rede über den Irak diese Woche darlegte.
Hinter diesen E-Mail Nachrichten steckt eine eng verwobene Gruppe von Gehilfen, unterstützt von einer riesigen 300 Personen starken Außenpolitik-Wahlkampf-Bürokratie, organisiert wie ein kleines Außenministerium, um einem Kandidaten zur Seite zu stehen, dessen begrenzte Erfahrung bei der nationalen Sicherheit Grund zur Besorgnis bei vielen Wählern ist.
„Es ist schwerfällig, keine Frage“, sagte Denis Mc Donough, 38, Obamas oberster Außenpolitik Berater, wobei er von einer Infrastruktur spricht, die nach Regionen und Themen in 20 Teams eingeteilt wurde und die, mit einigen Spannungen, kürzlich die obersten Außenpolitikberater von Senatorin Hillary Rodham Clintons Wahlkampagne aufgenommen hat. „Aber eine Regierung ist auch schwerfällig. Wir wissen auch, dass es schlampiger ist, wenn man nicht so viele Informationen bekommt, wie man kann.“
Die Gruppe steht diese Woche im Rampenlicht, da Obama seinen ersten Streifzug nach Übersee als mutmaßlicher Kandidat der Demokraten für das Präsidentenamt plant. Dabei werden ihn die Wähler zu Hause und die politischen Führer im Ausland genau beobachten um zu sehen, wie er sich selbst auf der internationalen Bühne schlägt.
Anders als George W. Bush, der, als er in das Rennen um die Präsidentschaft 2000 ging, zuvor nur spärlich mit Angelegenheiten der nationalen Sicherheit zu tun hatte, hat Obama seit seiner Wahl in den Senat im Jahre 2004 im Ausschuss für äußere Angelegenheiten gedient und eine Einführung von Beratern erhalten, die tief in der Materie verwurzelt sind. Seine Kampagne sagt, dass er gut vorbereitet ist und oft die Gesprächsthemen, die ihm von seinen Beratern geliefert werden, verändert und ausweitet.
Die Leute im Kern seines Teams arbeiteten schon für die Regierung unter Präsident Clinton und waren im Großen und Ganzen die Zöglinge der Berater, die an der Kampagne für die Nominierung von Frau Clinton gearbeitet hatten. Aber sie bleiben im Dienste der Kampagne, auch wenn diese erfahrenere Figuren aus der Clinton-Zeit aufnimmt, wie etwa die beiden ehemaligen Außenminister Madeleine K. Albright und Warren Christopher, und stehen bereit, der Außenpolitik der Partei ihren eigenen Stempel aufzudrücken.
Die meisten von ihnen, wie auch der Kandidat für den sie arbeiten, grenzen sich selbst durch eine frühe Ablehnung des Irakkrieges von Frau Clintons Außenpolitik ab. Sie tendieren auch dazu, liberaler zu sein und den Gebrauch der „weichen Macht“ der Diplomatie und wirtschaftlichen Hilfe bei dem Versuch die amerikanischen Interessen voranzutreiben, zu betonen. Dennoch passen ihre Positionen gut in die gemäßigte demokratische Außenpolitik und noch keine der tiefen Klüfte, die die republikanische Außenpolitik in zwei Lager, die sogenannten Neokonservativen und die Pragmatiker, spaltet, hat sich bisher aufgetan.
Der Kern von Obamas Team wird von Susan E. Rice, einer stellvertretenden Außenministerin für Afrika in der Clinton Regierung, die sich für eine härtere Antwort auf die Krise in Darfur eingesetzt hat, und Anthony Lake, Clintons erster Sicherheitsberater, der für das Versagen der Regierung bei der Bekämpfung des Völkermordes in Ruanda 1994 kritisiert wurde und nun das Nichtstun als schwerwiegenden Fehler eingesteht, geleitet.
Das Herzstück umfasst auch Gegory B. Craig, einen ehemaligen hochrangigen Beamten in Clintons Außenministerium, der als Anwalt des Präsidenten während seines Amtsenthebungsverfahrens gearbeitet hatte; Richard J. Danzig, ein Marinebeauftragter in der Clinton Regierung; Mark W. Lippert, Obamas ehemaliger außenpolitischer Berater im Senat, der gerade von einer Dienstreise zur Marine im Irak zurückkam; und Herr McDonough.
McDonough und Lippert werden von der Kampagne bezahlt und haben ihren Sitz in Chicago, der Rest sind außenstehende Berater, die freiwillig von Washington aus arbeiten.
Smantha Power, Pulitzer-Preisträgerin und Menschenrechtsexpertin aus Havard,gehört nicht länger zur Gruppe. Sie trat im März zurück, nachdem sie Frau Clinton als „Monster“ bezeichnet hatte. Aber Lake spricht immer noch mit Power und Obama schickte ihre eine lange persönliche Widmung, die auf ihrer Hochzeit in Irland diesen Monat verlesen wurde.
Obamas republikanischer Rivale, Senator John McCain aus Arizona, hat ein deutlich kleineres und loseres Außenpolitkunternehmen, insgesamt etwa 75 Leute, und niemand ist in Teams organisiert. Im Jahr 2004 hatte der demokratische Präsidentschaftskandidat, Senator John Kerry, ein außenpolitisches Gebilde, dessen Ausmaß mit dem von Obama vergleichbar war, aber es hatte sehr begrenzen Einfluss auf den Kandidaten, der 20 Jahre im Senat verbracht hatte, sagten ehemalige Berater. Obama ist noch immer nicht bei den geheimdienstlichen Lagebesprechungen der Regierung, die einem Präsidentschaftskandidaten typischerweise zugänglich sind, nachdem er von seiner Partei nominiert wurde.
Obamas Infrastruktur schaufelt jeden Tag hunderte von E-Mails und Mengen von Positionspapieren und Gesprächsthemen zu Mitgliedern der Kerngruppe, die im Gegenzug Ratschläge suchen oder Anfragen für mehr Informationen an Team-Mitglieder weiter unten in der Hierarchie schicken. Dennis Ross, der Abgesandte für den Mittleren Osten von Clinton und dem ersten Präsidenten Bush und Mitglied in Obamas Team für den Mittleren Osten, wird regelmäßig von Rice, Lake oder McDonough um Hilfe bei der Gestaltung von Obamas Kommentaren über Irans Atomprogramm und die potentielle Bedrohung für Israel gebeten.
„Sie haben um wirkliche Hilfe gebeten: ‚Kann ich einen Blick auf die Sprache bezüglich des Iran werfen?’“ sagte Ross. „Oder manchmal wurden mir Fragen gestellt, um das Vorgehen der Regierung gegenüber dem Iran zu erklären.“ Ross nahm letzte Woche an einer Konferenzschaltung mit Obama teil, um den Senator für seine Auslandsreise vorzubereiten, und er wird mit ihm nach Israel und nach Ramallah im West-Jordan-Land und zu anderen Stationen reisen. Ross beschrieb Obama in der Konferenz als darauf bedacht, in Themen auf der Reise einzudringen.
Eine andere Person, die von außen Ratschläge beisteuerte, ist der ehemalige Außenminister Collin L. Powell, den Obama schon länger umworben hat. Powell, ein Republikaner, ist seit Jahrzehnten mit McCain befreundet, aber Freunde sagen, er fühlte sich von dessen außenpolitischer Kampagne ausgeschlossen und war beeindruckt, als ihn Obama im Juni anrief. Powell traf sich auch ungefähr zur gleichen Zeit mit McCain.
Tag ein Tag aus ist Herr McDonough wichtigste Verbindungspunkt zwischen Obama und seinem Außenpolitikteam, der in Chicago bald von Lippert unterstützt werden wird. „Wenn etwas großes in der Welt geschehen ist, dann schicken wir Obama entweder eine E-Mail oder wir rufen ihn an,“ sagte Lippert, der einen ähnlichen Job, wenn auch im kleineren Maßstab, als Obama außenpolitischer Berater im Senat machte. „Anstelle von 20 Leuten hat man jetzt 300 an der Hand. Der Druck ist da, die Zeit ist deutlich knapper, aber das Prinzip ist das Selbe – Die Anrufe sortieren, den Kandidaten einweisen, E-Mails, offene Briefe, Statements.“
Im Totenreich der 300 sagen die Berater oft, dass ihnen unklar ist was mit all den Dingen passiert, die sie auf Anfrage hinausjagen. „Es ist sehr mysteriös, was wir ihm schicken und was zu ihm durchdringt“, sagte Michael A. McFaul, ein Russlandforscher an der Stanford Universität, der das Russland und Eurasien Team für die Obama Kampagne leitet.
Andere Teamleiter umfassen Ivo H.Daalder, einen Wissenschaftler des Brookings Instituts, der sein 40 Mitglieder starkes Team für die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen in acht Arbeitsgruppen unterteilt hat, und Philip H. Gordon, ein anderer Forscher am Institut, der für Obamas Europateam verantwortlich ist.
Obwohl Obamas Team noch einen öffentlichen Beweis tiefer politischer Spaltung zeigen muss, hat es doch seine Portion persönlicher Spannungen, nicht zuletzt solche, die durch die Aufnahme von Hilary Clintons ehemaligen Beratern entstanden sind. Während dieses Vorgangs wurde die alte Clinton Hierarchie auf den Kopf gestellt.
Eine Person, die kein Teamleiter ist – und die nicht in eine letzen Monat angekündigte, 13 Mitglieder starke „Senior Arbeitsgruppe“ einbezogen wurde -, ist Richard Holbooke, ein UN-Botschafter unter Clinton, der als potentieller Außenminister für den Fall, dass Hilary Clinton die Wahl gewonnen hätte, gehandelt wurde. Holbrooke hat schon seit langem eine Rivalität mit Lake, der in Washington oft wegen seiner Leistung als Sicherheitsberater in Clintons Regierung kritisiert wurde.
Die Obama Kampagne hat seitdem gesagt, dass Holbrooke, der ein Ende des Krieges in Bosnien 1995 vermittelt hatte, mit im Boot sei. Aber Holbrooke, der einen Kommentar ablehnt, findet sich selbst in der Position eines Generals in einer besiegten Armee, der nun den Frieden suchen muss.
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